DAS POLITISCHE VERSAGEN DER FREIHEITLICHEN ORDNUNG (KAPITALISMUS)
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  Summary O Herrenmoral und Klassengesellschaft als Normalzustand des Kapitalismus
 
 
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   Das schmutzige macht-politische Geheimnis der freien Marktwirtschaft
    Die drei ewigen Quellen der Machtsicherung: Gewalt, Erpressung und überredung
 
 
Wer den Herrschaftsverhältnissen gegenüber nicht machtlos bleiben will, muss sie verstehen lernen, und zwar nicht bloß ihre sichtbaren Zwänge, sondern auch ihre verborgenen Mechanismen. Nur dann kann er auch die mannigfaltigen Fiktionen, Täuschungen und Manipulationen durchschauen, denen er von Seiten der Herrschenden ausgesetzt ist.
 
  Jaroslav Langer, war als politischer Aktivist beim Prager Frühling beteiligt        

Wie kann ein Mensch einen anderen zwingen, etwas zu tun oder zu lassen, was dieser sonst nicht tun oder lassen würde? Es gibt dazu prinzipiell nicht mehr als drei unterschiedliche Möglichkeiten:

  • Gewalt
  • Erpressung
  • Überredung

Alle diese drei Möglichkeiten bzw. Methoden der Machtausübung sind uralt und werden überall angewandt. Sie sind Bestandteil des Lebens eines jeden Menschen. Jeder versucht nämlich, sie bei der Durchsetzung eigener Interessen und Lebensvorstellungen anzuwenden. Nehmen wir ein triviales Beispiel: Wie versuchen wir unsere Kinder zu disziplinieren?

Zuerst wollen wir sie mit einem gut gemeinten Rat und plausiblen Argumenten von dem, was wir nicht gut heißen, abbringen (Überredung). Wenn dies nicht ausreicht, setzen wir die gewöhnliche Zahlung des Taschengeldes aus oder wir drohen, das versprochene Spielzeug oder Kleidungsstück nicht zu kaufen (Erpressung). Hilft auch dies nicht, versuchen wir es mit Hausarrest oder mit der Klatsche auf den Po (Gewalt).

In der Gesellschaft läuft dasselbe zwischen den Gruppen und Klassen ab. Jede Gruppe und Klasse versucht mit allen drei Methoden der Machtausübung ihre eigenen Interessen durchzusetzen. Alle drei Methoden werden kombiniert angewandt; gleich wichtig und wirksam sind sie dennoch nicht. Sowohl die Gewalt als auch die Erpressung reichen schon alleine für die Konstituierung und den Erhalt jeder Klassengesellschaft aus, die Überredung dagegen nicht. Sie ist eine sozusagen abgeleitete und nur dienende Methode der Machtausübung. Wer nämlich die Macht bereits erobert hat - sei es mit der Gewalt oder der Erpressung -, befindet sich automatisch in der Lage, einen Teil der rhetorisch Begabten aus der Bevölkerung zu engagieren, damit sie den Rest der Bevölkerung überzeugen, dass die bestehende Ordnung auch für sie oder gerade für sie die beste aller möglichen Ordnungen ist. Die Beherrschten sollen die propagierte Ordnung als einen natürlichen Zustand hinnehmen. Das kennen wir allzu gut. So wird uns seit drei Jahrzehnten überall wiederholt, die Flexibilisierung, Individualisierung, Privatisierung, Globalisierung, ... seien historische Notwendigkeit, gegen die es vergeblich sei, sich zu wehren. Eigentlich sei es sogar unsinnig, sich gegen sie zu stellen, weil all dies nur zu unserem Besten passiert. Man meint dies wissenschaftlich exakt beweisen zu können. Die theoretische Begründung dafür bietet die neoliberale Theorie. Wir zeigen später, dass sie aber nur eine Ideologie ist und somit gar nichts mit seriöser Wissenschaft zu tun hat.

Die Ideologie, also die rhetorische Kunst der Überredung, ist für jede unterdrückerische und ausbeuterische Ordnung wichtig, weil sie dem Unterdrücker ein gutes Gewissen verschafft und es dem Unterdrückten leichter macht, sich mit seinem Los abzufinden. Aber auch wenn die herrschende Klasse auf die Macht der Ideologie bzw. der Überredung nie verzichten kann, ist diese trotzdem nur eine schwache Macht. Bekanntlich haben die Kommunisten ein totales Monopol auf ihre Ideologie, es ist ihnen jedoch nicht gelungen, ihre Macht auf Dauer zu behalten. Auch unsere sozialdemokratischen „Reformer“ sind mittlerweile aufgeflogen, obwohl ihre Lügen und Dreistigkeiten schon seit etwa drei Jahrzehnten von einer Schar korrupter „Experten“, „Wissenschaftler“ und Professoren zu ewigen Weisheiten erklärt und als solche von fast allen öffentlichen Medien verbreitet werden. Abraham Lincoln hat es also treffend formuliert:

    Man kann alle Menschen eine gewisse Zeit und gewisse Menschen die ganze Zeit, aber niemals alle Menschen die ganze Zeit täuschen.

Man kann folglich festhalten, dass sich die Gesellschaften, je nach dem, welche Methoden der Machtausübung bevorzugt werden, in zwei Gruppen aufteilen lassen.

Gewalt ( + Überredung ) Erpressung ( + Überredung )
Kommunismus und alle anderen
vorkapitalistischen Gesellschaften
Kapitalismus

Man braucht keine tiefere Erklärung dafür, was es bedeutet, wenn in einem Staat mit Gewalt geherrscht wird. Jeder hat nämlich eine Vorstellung von dem allmächtigen Diktator, der durch Polizei und Geheimdienste die Menschen so manipuliert, wie es ihm passt. Die Macht der Erpressung ist aber viel subtiler und weniger sichtbar. Sie ist die Macht der Füchse, so der bedeutende Soziologe, Sozialpsychologe und Volkswirt Vilfredo Pareto (1848-1923). Die Gewalt bezeichnet er als die Macht der Löwen. Worin besteht die Raffiniertheit der Klasse der Füchse in einer Gesellschaft? Der amerikanische Soziologe Henry George (1839-1897), einer der wie kaum ein anderer in dem 19. Jahrhundert für die Rechte der Arbeiter und Bauern kämpfte, hat dies in seinem Buch „Soziale Probleme“ mit einer kurzen Geschichte „Ein Stück Land“ verdeutlicht. Sie sollte auch dem einfachsten Bauern erklären, wie das Privateigentum unterdrückt und ausbeutet. Weil sie aber so geistreich und eindrucksvoll geschrieben ist, kann man sie immer noch mit Vergnügen lesen. Verkürzt und mit wenigen Bemerkungen stellen wir sie vor.

 

Ein Stück Land

Szene 1: Die Akteure sind Grundeigentümer und Arbeit (Bauer). In der ersten Szene, im ersten Jahr, ist noch nicht das ganze bebaubare Land privatisiert - es gibt noch ein Stück Gemeindeland. Der Bauer ist nicht gezwungen das Land von dem Grundeigentümer zu pachten, um zu überleben.

Grundeigentümer (sich über die Ecke lehnend): "Halloh, Arbeit! Was arbeitest du da auf diesem Marschlande? Der Boden ist auf dieser Seite der Hecke viel besser. Hier kannst du bei derselben Arbeit fünfzig Scheffel Kartoffeln mehr ziehen als dort. Du würdest viel besser diese Parzelle von mir mieten oder pachten; Ich würde von dir für den Gebrauch derselben nicht viel fordern."

Arbeit: Es ist wahr, dass der Boden besser ist, und ich möchte wohl dort pflanzen, wenn du ihn nicht eingehegt hättest; aber du weißt so gut wie ich, dass dieser Gemeinde Acker frei und alles, was sich daraus ziehen kann, mein ist; während wenn ich auf jener Seite der Hecke pflanzen wollte, du mich wegen Übertretung ins Gefängnis stecken würdest ... wenn ich nicht deine Bedingungen annehme. Die Gesetzte scheinen für euch Grundeigentümer gemacht zu sein! Welches Recht hattet ihr das beste Land einzuhegen?

Grundeigentümer: Ich bebaute es jahrelang und hegte es ein, um den Dieb abzuhalten; ich entfernte die Steine davon, entwässerte es und erhielt gute Ernten.

Arbeit: Ja; ich glaube, du hast von diesem die Sahne abgeschöpft. Aber was nennst du eine billige Pacht?

Grundeigentümer: Wart’ mal. Das Land ist immer noch viel besser als das Gemeindeland und leichter zu bearbeiten als damals, wo ich es einhegte. ... Das ist etwas, was du erwägen musst. Dies sind tatsächlich Vorteile.

Arbeit: Ja das ist so. Gut! Ich denke, es wird billig sein, wenn ich dir ... für die Hecke zehn Scheffel Kartoffeln und fünf Scheffel mehr wegen der anderen Verbesserungen gebe.

Grundeigentümer: Und wie viel willst du für den Gebrauch des Landes geben?

Arbeit: Gar nichts. Ich zahle dir soviel für den Gebrauch deiner Verbesserungen. ... Wenn du mich nicht das Land für die fünfzehn Scheffel haben lassen willst, so bleibe ich auf dem Gemeindelande; ich kann dort ebenso gut arbeiten wie hier. Aber du hast mir nicht gesagt, welches Recht du hattest, das beste Land einzuhegen und es das deinige zu nennen?

Grundeigentümer: Der König gab es mir.

Arbeit: Welches Recht hatte der König, des Volkes Land fortzunehmen und es dier zu geben?

Grundeigentümer: Gleichgültig, ob er das Recht hatte oder nicht; er hatte die Macht. Das Land ist mein, und du kannst es nicht bebauen ohne meine Erlaubnis.

Arbeit: Gut! Wir wollen die Frage des Rechts jetzt nicht erörtern. Willst du mir das Grundstück für das Jahr zu dem Preise, den ich biete, überlassen?

Grundeigentümer: Ja, du kannst es haben. Es ist soviel Gewinn für mich; aber wenn dieses verwünschte Gemeindeland nicht wäre, müsstest du mehr bezahlen.


Szene 2: Inzwischen hat der Grundeigentümer eine Parlamentsakte erwirkt, die ihn ermächtigt, das Gemeindeland einzuhegen, und hat Besitz davon genommen. Der Bauer hat keine andere Möglichkeit, um zu überleben, als das Land des Grundeigentümers zu pachten.

Arbeit (zum Grundeigentümer kommend). Bitte, Herr, da das Gemeindeland eingefriedigt ist, so habe ich kein freies Land mehr zu bearbeiten und würde mich sehr freuen, dasselbe Grundstück für ein weiteres Jahr von dir zu pachten.

Grundeigentümer. Her! Du standest dich letztes Jahr recht gut darauf - nicht?

Arbeit. Ja, Herr! Ich ... hatte genug übrig, um nach Zahlung der Pacht an dich meine Familie anständig zu erhalten.

Grundeigentümer. Und du erwartest, das Land in diesem Jahr für die nämliche Pacht zu erhalten?

Arbeit. Ich hoffe, du wirst es mir zu denselben Bedingungen überlassen, Herr. Wenn ich mehr zahlen müsste ... meine Familie wird die Bequemlichkeiten entbehren müssen, an die sie gewöhnt ist.

Grundeigentümer. Das ist nicht meine Sache. ... Du musst die Ausgaben deiner Familie einschränken. Es ist kein Gemeindeland mehr vorhanden, das du bebauen könntest. ... Ihr müsst euch beide euren Rock nach dem Tuche machen lassen und euer altes Tuch tragen, wenn ihr kein neues habt.

Arbeit. Ich weiß das wohl, Herr, und kann nur hoffen, dass du meine Umstände berücksichtigen wirst.

Grundeigentümer. Was ich berücksichtigen werde, ist mein eigenes Interesse. Ich werde mein Gut nach strengen Geschäftsgrundsätzen verwalten. Du zahltest mir voriges Jahr fünfzehn Scheffel Kartoffeln für meine Verbesserungen. Wir kamen darüber als billig überein - nicht?

Arbeit. Ja, Herr!

Grundeigentümer. Gut! Ich werde gefällig gegen dich sein und in diesem Jahr nicht mehr von dir verlangen: aber du musst die Hecke instand halten.

Arbeit. Es wird mir sehr schwer werden, Herr; es entzieht mir so viel vom Unterhalt meiner Familie; aber ich glaube, ich muss tun, was du sagst; und wenn ich muss, so muss ich.

Grundeigentümer. Nun, wie viel willst du mir für die Benutzung meines Landes geben? Voriges Jahr wolltest du mir gar nichts geben, und ich musste deine Bedingungen annehmen, weil du auf das Gemeindeland zurückgreifen konntest. Dies Jahr gibt’s kein Gemeindeland mehr, und du musst auf meine Bedingungen eingehen.

Arbeit. Ich hoffe Herr, sie werden derartige sein, dass ich leben und meine Familie anständig ernähren kann, was bei der neuen arbeit, die ich auf die Hecken verwenden muss, schwer genug sein wird.

Grundeigentümer. Anständig! Ich weiß es nicht, und es kümmert mich auch nicht. Du musst mit dem Notwendigen zufrieden sein und nicht von Luxus reden. Aber es nützt nichts, darüber Worte zu verlieren. Die Pacht des Grundstücks für dies Jahr ist fünfzig Scheffel alles in allem.

Arbeit. Aber, Herr ...

Grundeigentümer. Aber, mir kein Aber. Das ist die Pacht.

Arbeit. Wir werden verhungern, Herr, und dann wird dein Land gar keinen Nutzen für dich haben. Du musst jemanden zum Bebauen desselben haben.

Grundeigentümer. Das ist richtig; aber, wie ich sagte, fünfzig Scheffel ist die Pacht. Du weiß, dass du das Land zu meinem Preise nehmen musst, und ich weiß, du wirst dich schon durchbringen. Kannst du es nicht, und ich sehe, dass du nicht genug zu leben hast, so werde ich es mit der Pacht vielleicht nicht so genau nehmen, sondern einen Teil stunden, den du mir bezahlen kannst, wenn du ein besonders gutes Jahr hast, und ich werde dir einige der kleinen Kartoffeln umsonst geben, um dich beim leben und außer dem Armenhaus zu erhalten - wo (beiseite und nur leise für sich) ich den ganzen Unterhalt für dich und deine ganze Familie zahlen müsste.

Verfasst von Francis George Shaw, dem Henry George das Buch widmet

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